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Trinken Singen Schiessen

by MUTTER

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1.
Loch 05:29
Ich brannte einmal an der langen Enden Lichter / da rannte ich herum dort wo die Sage nicht mehr spricht / nun falle ich durch der Erde dunklen Trichter / da ist etwas darin doch es sieht mich nicht / ich habe nur meiner Haut verwischte Koloratur / das heißt ich bin das was ich sage nämlich meine Materialien nur / ich frage mich was anders als heute ist / ich lernte einmal wie man Haut mit Nebel misst // doch weiß ich nie was ich gesehen habe / so wie der Gott nicht weiß was er gegessen hat // seine Nachricht überholt mich / ob ich sie gehe oder trabe / seine Engel singen ohne Notenblatt / meine Tage kommen ohne Weg ohne Brief / ich bin nur Scheisse weil nach mir nur Scheisse rief // doch weiß ich nie was ich gesehen habe / so wie der Gott nicht weiß was er gegessen hat // Leben heißt das Loch das mich als Durchfall hat
2.
Eins 05:41
Sie waren so verliebt / und jeden Tag sah man sie / sich küssend und liebkosend / sich ihre Liebe schwörend / um sich herum die Welt vergessen / und alle dachten / nein alle wussten / wie verliebt die Zwei doch sind / und nichts und niemand / würde diese Liebe trennen / in Liebe fixiert / nur Augen für einander / in Liebe umschlungen / ließ sie den Traum von Liebe leben / dieses perfekte schöne Liebespaar // und dann sagte sie ich liebe dich tausend mal am Tag / und dann sagte er ich liebe dich tausend mal am Tag // sie zeigten ihre Liebe jedem auf der Welt / sie schrien es heraus / blind vor Liebe / starr vor lauter Zärtlichkeit / sie verschmolzen und explodierten / wurden Eins / Wellen der Liebe schlugen über ihnen zusammen / sie waren nicht mehr existent / sie lösten sich auf im Nichts / aus Hass Abscheu Deformation / sie verschmolzen / der Speichel rann in ihren Mund / sie schrie nimm mich ja // sie wurden Eins Eins Eins
3.
Die Alten hassen die Jungen / sie sagen dass das so nicht geht / es geht es geht / sie sind zu spät / es geht es geht / wir sind zu spät // lass den Lauf der Zeit / dann wird man sehen dass alles recht ist / dass alles echt ist / dass das so sein muss weil es so sein muss / weil nur das was im Augenblick gefällt so falsch nicht sein kann / lass es laufen // schlimm wenn man nicht mehr verstehen kann / was man nicht mehr verstehen will / wenn der Fortschritt den man hatte / zum Rückschritt geworden ist / ist der Rückschritt nicht mehr weit entfernt / klingt jede hohle Phrase / mit der du sagen willst / was die hohle Phrase der anderen ist / die nur machen was sie können // die Alten hassen die Jungen / bis die Jungen die Alten sind
4.
Warum hat man nicht die Größe / einmal wirklich klein zu sein / nicht die Krönung / sondern nur das gemeine Mittelmaß / warum will man nicht erkennen / dass der da oben besser ist / als zu sagen / ich möchte gar nicht tauschen // alles kann gar nichts muß / steckt der Sinn und dessen Suchen tief in unserem Dasein fest // Menschen suchen und sie finden nur damit sie dann verschwinden // immer heller immer schneller / bis ich da bin wo ich wollte / doch ist das da wirklich das / wo ich sein soll / bin ich alleine hier / bin ich der Einzige / der genauso denkt wie ich // Menschen suchen und sie finden nur damit sie dann verschwinden
5.
Mach doch einfach / denk nicht immer ständig drüber nach / wer oder was gesagt hat / dass man das heute mag / mach doch einfach / red nicht darüber / verliere keine Zeit / wenn nicht heute / vielleicht morgen / oder doch niemals // was soll sein und was nicht / willst du dass aus dir die Wahrheit spricht // tausend Ideen fantastische Pläne / das müßte man machen / es ist nahezu genial / wenn es alles das gäbe / würde man sehen / dass das alles nichts taugt // was soll sein und was nicht / willst du dass aus dir die Wahrheit spricht // der öde Film das schwache Buch / Musik die einfach nervt / tausendfach wiederholt sich / was schon tausendfach benutzt / völlige Talentfreiheit verstärkt den Ehrgeiz / die Energie mitzuhalten / präsent zu sein / einfach irgendetwas tun / mach doch einfach / ich kann es sehen ich kann spüren / ab heute ist Schluss / ich ertrage das alles nicht mehr // was soll sein und was nicht / willst du dass aus dir die Wahrheit spricht
6.
In dem ganzen Chaos denkt jeder / wie sich schützen / wie sich retten / vor den anderen / die leider denken wie ich / mit dem eigenen Denken / so zu manipulieren / dass jeder denkt / es sei sein Gedanke gewesen / Stempel aufdrücken // die Musik ist zu laut / die Musik ist zu leise // ich möchte das werden / worum ich die anderen beneide / dieses Leben ist zu kurz / dieses Leben ist zu lang / Erlösung von Oben / Entscheidung aus Schwäche / warum gerade jetzt / warum gerade sie / warum gerade er / warum nicht ich / es waren immer so gute Nachbarn / ihre stille Leidenschaft / sah man ihnen gar nicht nicht an / ich kann gar nicht glauben / was die anderen tun // ich möchte alles sein / bloß nicht wie die anderen
7.
Wohltäter 04:30
In den Medien / aus den Medien / ist Seltsames zu erfahren / man sollte seine Liebe erhalten / wie das liebe Geld / das ja nichts dafür kann / dass es da ist / und dass es jemand besitzt / der es ausgeben will // sie sind Wohltäter / wir die Opfer / wenn man so glauben will // sie werden schon etwas dafür tun / dass es allen nützt / denn wir sind wir kein Stück besser als sie / und das wissen sie genau / deswegen füttern sie uns mit dem Müll / ihres Daseins / Liebe Tod und Leidenschaft / pompös und orginell // sie sind Wohltäter / wir die Opfer / wenn man so glauben will // dass das gänzlich unerreichbar scheint / scheint im hellen Sonnenschein / morgen ist ein neuer Tag / an dem dieses traurige Kind wieder lachen mag // sie sind Wohltäter / wir die Opfer / wenn man so glauben will // Wohlopfer / Wohltäter // kann es sein dass sie uns brauchen / wie das Wasser und die Luft / kann es sein dass sie uns lieben / unseren Atem unseren Duft // darf es sein dass wir sie hassen / völlig grundlos und ungerecht / hat der Neid uns so zerfressen / ist unser Herz nun voller Gift // gilt es Leid zu verlängern / zur Erhaltung dieser Welt / indem wir Schönheit zelebrieren / mit unserer Macht und unserem Geld
8.
Der Zug 05:06
Er steht am Bahnhof und für ihn steht fest / die er einst liebte sich nie wieder sehen läßt / im Zug sie sitzt winkt leicht gequält / gleich ist zu Ende was sie einst gewählt // der Zug entfernt sich er bleibt zurück / zerstört hat sie sein kleines Glück / die Welt die er für zwei gebaut am Boden liegt und er beraubt / der Illusion sich hinzugeben / ab heut begänn ein besseres Leben / derweil im Zug sie sitzt und lacht / schon komisch was ein Mensch so macht // der Zug wird schneller / die Landschaft verschwimmt / zieht Schlieren am Fenster / und sie weiß bestimmt / ihr Leben sie formt wie Ton aus der Erde / bar jeder Rücksicht auf dass sie nicht werde / wie all die da glauben es wäre Bestimmung / zu streben nach Tun bei voller Besinnung / nach Werten Moral / dem ewig Gleichen / glaubt man denen / und gilt es das zu erreichen // der Gedanken müde schläft sie ein / in der schlaffen Hand das Glas mit Rest vom roten Wein / der nun tropft auf des Zuges Boden / Flecken bildet / die sobald behoben / kaum dass sie den Zug verließe / ohne ihn und seine Liebesschwüre / dieses eine Mal hat sie geschafft / was meistens nur Leiden schafft // die Rettung vor dem ewig Gleichen / Alltag der beginnt sich einzuschleichen / Zuhause da sitzt allein die Dummheit und sie grübelt / hat am Ende sie mir was verübelt / war nicht alles was ich tat zu des Anderen Wohle und zum Guten / sieht der das nicht und lässt mich bluten / sprachs und wendet sich zum Nächsten / guten Tag wäre es nicht schön / könnten wir zu zweit durchs Leben gehen / kurz darauf sieht man von Weitem Hand in Hand sich Zwei begleiten / Silhouetten vor der halben roten Sonne / Lieben sich aufs Neue voller Wonne
9.
Schnell weg hier / und nicht vergessen / das Meiste das gut riecht / kann kann man auch meist essen / Stillstand und die Bewegung / Freundschaft existiert nicht / darum kann man sie nicht pflegen // aus und vorbei / das Wahre war es nicht / man hat es ja geahnt / nur sehen tat man es nicht / Freunde sollen raten / sie sollen kommen sehen / genauso gut sind Feinde / die kommen und dann gehen // niemand kann sagen / er hätte es nicht gewusst / das Schönste im Leben ist der Verlust / zu sehen dass man überlebt / während alles andere von uns geht / Glockenschlag und Donnerhall / große Gefühle sind ein Muß und eine Qual // das Geschrei nach Liebe / es wird lauter wird lauter jeden Tag / das Geschrei nach Liebe / ausgemalt und so oft gewollt / das Geschrei / nach der absoluten Sicherheit / dem ganz privaten Schutz // ist es das was wir für Freiheit halten?
10.
Diese Welt 05:26
Durch diese hohle Gasse kommt / ein Mann von seltsamer Gestalt / er zieht dich an er zieht dich aus / er taucht die Farben in sein Licht // ein Mann // in seinen Fingern kreist das Blut / aus dessen Kuppen Luft entweicht / in seiner Gier / in seinem Wahn / spürt er das Ende bis zum Schluß // ein Mann // ein Funktionieren fällt so leicht / in jedem Zug sind wir so gleich / man gleicht sich an / sie gleicht sich an / man kann es sehen / man kann es spüren / bis er dann hat was er will / was er auch immer will // ein Mann // denn diese Welt ist nicht gerecht zu dir / und sie sagt nicht Dankeschön / für den Tag den du ihr geben willst / und die Nacht in der du von ihr träumst / denn diese Welt ist nicht gerecht zu dir / und sie nimmt dich nicht in ihren Arm
11.
Und immer wieder immer wieder / zieht man die mit die das gar nicht wollen / redet und beschäftigt sich / übt sich in Nachsicht / weil es eigentlich dumm ist / was sie reden / was sie fühlen / was sie wollen / fröhlich ignoriert man dann / dass von aussen jeder sehen kann // Idioten zu erklären / dass sie welche sind / kann man nicht / und tut es doch / weil sie welche sind // im festen Glauben etwas zu erhalten / halten wir fest an denen die das gar nicht wollen / die vor Jahren das Interesse verloren / zu glauben / zu hoffen / zu wissen / sich zu äußern / in Form die den Umgang erleichtern // Idioten zu erklären / dass sie welche sind / kann man nicht / und tut es doch / weil sie welche sind // ärgerlich wie ungerecht / dass immer sie es sind die entscheiden / für das was ihnen gerade passt / und selbst ist man der Idiot / der das ewig lang erträgt // Idioten zu erklären / dass sie welche sind / kann man nicht / und tut es doch / weil sie welche sind // es ist der Tag der Idioten
12.
Wohlopfer 04:24

about

Endlich gibt es wieder eine neue Platte von MUTTER.

Man musste lange darben, denn die letzte reguläre Veröffentlichung (die LP „CD des Monats“) ist sechs Jahre her, viel zu lang für all jene, für die MUTTER so etwas Essentielles wie Essen ist, in der Zwischenzeit ist ein Kind geboren und wurde eingeschult.

Und nun TRINKEN SINGEN SCHIESSEN, ein programmatischer Titel, der an das grausame Massaker von Rechnitz erinnert (In der Nacht vom 24. auf den 25. März 1945 wurden 180 ungarische Juden von betrunkenen Teilnehmern eines von Margit von Batthyány, Tochter Heinrich Thyssens, abgehaltenen Schlossfestes im burgenländischen Rechnitz erschossen).

Zur Finanzierung der neuen Platte gab die Band 99 aufwändig von Max Müller gestaltete Kaltnadelradierungen als Schuldverschreibungen aus. Die innerhalb einer Woche ausverkauften Aktien dienten dazu, das Mastering und das Pressen der neuen CD zu ermöglichen.

Die Platte osziliert inhaltlich wie schon ihre Vorgängerinnen zwischen dem Grauen des Alltags, des Stillstands, Stupor, dem Kommunikationsunvermögen zwischen den Generationen („Die Alten hassen die Jungen, bis die Jungen Alte sind“), der Dummheit und dem immer wieder zerbrechenden Liebesglück und der unstillbaren Sehnsucht danach, der Sprachlosigkeit angesichts der Meinungsführer („…klingt jede hohle Phrase, mit der du sagen willst, was die hohle Phrase der anderen ist“) und Zwangsbeglücker („Sie sind Wohltäter, und wir die Opfer“), ein Marsch im Stile Hanns Eislers.

Dazu singt Max Müller dringlicher denn je, eine gepeinigte Seele, die Gesänge der Jünglinge im Feuerofen, trotzdem gibt es da und dort Manfred-Krug-Momente, wenn er wie Krug kleine Idyllen beschreibt, die so fragil sind, dass sie nur wie von Spucke zusammengehalten scheinen. Und immer wieder die repetitive, schiere Fassungslosigkeit: „Idioten zu erklären, dass sie welche sind, kann man nicht, und tut es doch, weil sie welche sind“. Sisiphos lässt grüßen.

Die Musik ist facettenreicher geworden als auf den früheren Platten, raffinierter, eine adäquate Umsetzung der Müllerschen Geworfenheit, dieses ungefragte In-die-Welt-gekommen-seins, der Felsbrocken von früher hat eine Glasur bekommen, und wieder steht eine neue MUTTER Platte wie ein Monolith da, und wieder werden die Jungs von Tocotronic und Blumfeld neidlos konstatieren müssen: „Wir waren umgehauen“.

Tex Rubinowitz, Wien, Juni 2010

credits

released August 6, 2010

Max Müller: Gesang, Gitarre, Percussion
Florian Koerner von Gustorf: Schlagzeug, Gesang, Chor
Tom Scheutzlich: Keyboards, Chor
Coltello : Gitarre, Chor
Michael Fröhlich: Bass, Chor

Gäste: Romy Lou Koerner von Gustorf: Gesang bei „Mach doch einfach“
Sonja Fahrenhorst: Gesang bei „Der Zug“

Komposition und Musik von Mutter
Texte von Max Müller, Text bei „Loch“ von Dieter Roth
Aufgenommen in Hamburg im Mai 2009 und in Potsdam im April/ Mai 2010
Ton- und Aufnahmetechnik: Z.A.P.
Produziert von Mutter und Z.A.P. im STUDIO 13, Potsdam
Tonmischung und analoges Mastering: Z.A.P. und Danny o‘Really, Amsterdam
Coverfoto: Eric Strelow
Covergestaltung: Büro Otto Sauhaus

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MUTTER Berlin, Germany

Mutter is a Berlin based rock band existing since 1986.

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